Wie überlebte Jesus in der Wüste?
Vierzig Tage lang hat Jesus in der Wüste gefastet, so berichtet die Bibel. Dann kam der Teufel und versprach Jesus alle Reiche der Welt, wenn er dafür den Teufel anbetete. Jesus verscheuchte ihn.
Was wir uns fragen: Wie konnte Jesus 40 Tage in der Wüste überleben?
Als Kardiologin hätte ich Jesus davon abraten müssen, in der Wüste zu fasten. Nicht nur die Hitze, sondern auch die Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht sind eine extreme Belastung. Er hätte sehr viel trinken müssen, zumindest drei bis fünf Liter Wasser täglich, nur um den enormen Flüssigkeitsverlust zu kompensieren. Das ist auch aus einem anderen Grund wichtig: Man schwitzt nämlich, um sich zu kühlen. Aber auch das ist eine Anstrengung für den Kreislauf. Pro halbes Grad Celsius Körpertemperatur steigt die Herzfrequenz um zehn Schläge pro Minute. Steigt die Körpertemperatur deutlich über 40 Grad, kommt es unweigerlich zum Organversagen.
Bei der Wahl seiner Kleidung hat Jesus, wenn man historischen Darstellungen glaubt, jedenfalls alles richtig gemacht. Zu empfehlen sind weite Gewänder, die möglichst viel vom Körper bedecken, um einen Sonnenbrand zu vermeiden – Verbrennungen, eventuell sogar mit Blasenbildung, bedeuten nämlich einen erneuten Flüssigkeitsverlust. Im Alter dehydriert man leichter, der Körper ist nicht mehr so anpassungsfähig. Ich gehe überhaupt davon aus, dass das 40-tägige Fasten in der Wüste vor allem metaphorisch zu verstehen ist.
Dr. KATHRIN DANNINGER ist Kardiologin und lntensivmedizinerin am Klinikum Wels-Grieskirchen.
„Die 40 Tage waren für Jesus der Härtetest”
Die Wüste ist in der Bibel generell ein Ort der Erprobung, Bewährung, aber auch der großen Gottesnähe. Jesus ist nicht der Erste in der Wüste: Bereits Mose zog sich 40 Tage auf den Berg Sinai zurück, um die Gemeinschaft mit Gott zu suchen. Das Volk Israel wanderte nach dem Auszug aus Ägypten 40 Jahre durch die Wüste, um eine Zeit der Läuterung durchzumachen. Die Zahl 40 hat eine große Symbolkraft, sie steht für Buße und Besinnung, die einen Neubeginn ermöglichen. Auch für Jesus sind die 40 Fastentage der erste Härtetest. Es heißt, der Geist treibe ihn in die Wüste. Man könnte also sagen: Jesus hatte die richtige Motivation, den perfekten Spirit. Er stand diese Extremerfahrung aufgrund der Qualität der Beziehung zu Gott durch.
Wir betrachten das Fasten heute oft als Selbstoptimierung. In der Bibel geht es aber nicht darum, dass es Jesus nach seiner Wüstenerfahrung besser geht. Im Matthäus-Evangelium muss er eine Probe bestehen. Der Teufel fordert ihn auf, Steine in Brot zu verwandeln. Jesus aber antwortet: Der Mensch lebt nicht nur von Brot, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt.
Die Fastenzeit soll uns bewusst machen, dass auch geistige Nahrung von besonderer Bedeutung ist.
MMag. Dr. WERNER URBANZ ist Professor für Biblische Theologie an der Privaten Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz.
„Die Stille ist faszinierend”
Wie kommt man darauf, als Pater durch die Wüste zu laufen? Ich wollte etwas finden, was die Leute dazu bewegt, mehr zu spenden. So bin ich auf den Marathon im Oman gestoßen. Ich war vier Tage unterwegs, alle zehn Kilometer gab es zu trinken – obwohl es 47 Grad hatte. In der Nacht habe ich zwei bis drei Stunden geschlafen, dann bin ich mit Stirnlampe weitergelaufen, habe im Dunkeln Schlangen, Skorpione, Heuschrecken gesehen. Natürlich hatte ich Angst. Aber ich dachte mir: ,,Jesus war 40 Tage allein in der Wüste. Du wirst doch wohl vier Tage durchstehen!"
Ich verstehe, dass sich Jesus in die Wüste zurückgezogen hat, um zu fasten. Die Stille ist faszinierend. Kein Handy, da kommt man zum Nachdenken, kann das Gespräch mit Gott suchen. Für mich war es ein Auftanken für die Seele. Auch Jesus hat nicht von Luft und Liebe gelebt, er war ein Mensch wie wir. Er muss viel getrunken haben, sonst dehydriert man schnell, das habe ich selbst erfahren. Es gibt aber auch andere Orte, an denen man diese Stille, die uns im Alltag so sehr fehlt, erfahren kann. Wenn man sich in eine Kirche setzt. Oder zum Fasten in ein Kloster geht. Mich aber zieht es in die Wüste: Ich bin gerade dabei, mich erneut für den Oman-Marathon anzumelden.
TOBIAS BREER ist Pater in Duisburg. Er läuft Marathons, um Spenden für Kinder zu sammeln. Seine Lauferfahrungen hat er in dem Buch ,,Der Marathon-Pater" festgehalten.
Dieser Artikel ist in der Frühjahrsausgabe 2024 von "Grüß Gott! – Magazin über Gott und die Welt" erschienen. Das Magazin wird zwei Mal im Jahr von der Katholischen Kirche in Oberösterreich herausgegeben.
Alles bisher erschienenen Ausgaben zum Durchblättern: GrüßGott - Das Magazin der Katholischen Kirche in Oberösterreich (dioezese-linz.at)