"Mensch möchte ich sein"
Glaube ist einer Sehnsucht nachgeben. Auch mit 55 Jahren fühle ich mich noch gerufen, getrieben – in der Art: „Da kommt noch was“. Dabei war mein Leben immer sehr bunt. Seit über 30 Jahren arbeite ich in der IT-Branche, 25 davon bei BMD in Steyr. Ich bin mit Leib und Seele Führungskraft, Consultant, Tüftler. In Schwertberg bin ich seit mehr als 30 Jahre Kirchenchorleiter und in Liturgieausschuss, Pfarrgemeinderat und Leitung tätig. Und dann natürlich meine Familie: Mehr als 30 Jahre sind Evi und ich verheiratet. Wir haben drei bezaubernde Töchter. Alle durfte ich als Diakon trauen. Auch meinen Enkel Jonas habe ich mit großer Freude getauft.
Diakon sein ermöglicht mir, ein wenig von dem Vielen weiter zu geben, was mir in meinem Leben geschenkt worden ist.
Was mich trägt? Ich denke, was mich treibt, mich lockt, mich in meiner Sehnsucht immer wieder anruft, ist was mich trägt. Am ehesten begegnet Gott mir in der Stille, da bin ich gewiss. Von dieser Stimme gerufen, habe ich vor einigen Jahren begonnen, meinem Glauben auf den Grund gehen und habe den Theologischen Fernkurs absolviert. Die Weihe zum Diakon war keine „g‘mahde Wies’n“. Mit einem lauten Ja in den Kleriker-Stand einzutreten, wo nicht einmal Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern möglich ist, tut richtig weh. Und doch sind Weihe und Sendung für mich Rückenstärkung und Auftrag, Kirche für heute zu entwickeln. Diakon sein ermöglicht mir, ein wenig von dem Vielen weiter zu geben, was mir in meinem Leben geschenkt worden ist. Das gilt mir als Lebenszeugnis für meine Töchter, meine Enkel. Als Diakon möchte ich Dolmetscher sein für die Rede von Gott. Als solcher will ich die Sprache meiner GesprächspartnerInnen verstehen. Nach außen trage ich meine Rolle dezent – mit einem kleinen Kreuz am Sakko. Dieses winzige Zeichen hat – vor allem in meiner beruflichen Umgebung – schon zu manch höchst interessantem Gespräch geführt.
Diakon Martin Kapplmüller ist Führungskraft bei BMD in Steyr. Für seinen Chef hat er eine Segensfeier gehalten. Besonders freut ihn, dass er seine Töchter trauen und seinen ersten Enkel taufen durfte. © Maria Appenzeller
Dieser Text erschien im Magazin "spirit - Das Magazin für MitarbeiterInnen der Katholischen Kirche in Oberösterreich" in der Ausgabe 5, 12/2020.