Weltfremde Wesen
Bei der Taufe, wenn jemand krank ist, weggeht, neue Lebensabschnitte beginnen oder auch auf Grabsteinen – Engel durchziehen unser Leben als Begleiter und als Schützer.
Es ist schon interessant, dass in einer so aufgeklärten Welt diese göttlichen und himmlischen Wesen so viel Platz einnehmen. Vielleicht weil wir doch merken und spüren, dass uns nicht alles möglich ist und wir als Menschen immer wieder an unsere Grenzen kommen. Engel helfen uns, an den Grenzen nicht zu verzweifeln, sondern größer und heilsamer zu denken, als es uns persönlich möglich ist.
Der Evangelist Lukas berichtet in seinem Evangelium vom Engel Gabriel, der von Gott in die Stadt Nazaret in Galiläa gesandt wurde, um mit einer Jungfrau namens Maria zu sprechen. Sie war mit einem Mann namens Josef verlobt. Der Engel trat bei ihr ein und sagte: "Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir. ... Du wirst ein Kind empfangen, einen Sohn wirst du gebären: dem sollst du den Namen Jesus geben. Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen und seine Herrschaft wird kein Ende haben."
Engel haben keine Flügel, aber einen Namen
Die Namen der Engel haben symbolische Bedeutung und sie transportieren besondere Wesenszüge Gottes: Gabriel gehört zur "obersten Kategorie" – wir nennen sie Erzengel –, sein Name bedeutet "Kraft Gottes". Übrigens: "Erz" kommt nicht vom Rohstoff, sondern dahinter verbirgt sich das Wort "arche", das heißt so viel wie "erster, oberster, wichtigster".
Gabriel wird also von Gott gesandt, um mit einem Menschen zu reden. Seine ersten Worte sind: "Freude dich, du Begnadete!" Maria fühlt sich in diesem Moment wohl gar nicht begnadet. Sie hatte mit dem Alltag zu kämpfen und dann kommt auch noch die Verheißung eines Kindes ohne eheliche Bindung und Absicherung dazu. Da von Freude und begnadet zu reden, ist im wahrsten Sinn des Wortes weltfremd.
Wer kann für uns da sein, wenn alles Irdische zerbricht?
Ja, diese Botschaft ist weltfremd, Gott sei Dank. Wäre alles nur so, wie es die Welt machen, planen und gestalten kann, wer könnte dann für uns da sein, wenn alles Irdische zerbricht? Auf welcher Kraft können wir vertrauen, wenn unsere Kraft an die Grenzen kommt? Diese weltfremde Botschaft hilft uns zu hoffen, zu lieben und zu glauben, wenn uns selbst dazu Kraft und Freude verloren gehen. Gabriel, die Kraft Gottes, kam zu Maria, um sie nicht verzweifeln zu lassen, sondern Glaube und Hoffnung zu stärken.
Der Autor Dr. Johann Hintermaier ist Bischofsvikar für Erwachsenenbildung und pastorale Fortbildung der Diözese Linz.