Eine Busladung Mitgefühl
Es sind die Menschen, für die einige von uns gerne spenden, manche regelmäßig, manche am liebsten zur Weihnachtszeit. Aber nur wenige pflegen den direkten Kontakt mit ihnen: Obdachlose, Alkoholkranke, Gestrandete, manchmal mit psychischer Erkrankung, oft durch schreckliche Schicksalsschläge gezeichnet.
Wie der junge Mann aus einem Dorf nahe Linz, der seine gesamte Familie bei einem Unfall verlor und danach in die Alkohol- und Drogensucht abglitt – nun lebt er auf der Straße, schläft in Notquartieren. Oder die labile Frau, die meint, sie sei seit Jahren hochschwanger – aber die ersehnten Zwillinge kommen nie zur Welt. Oder die Roma-Burschen, die für ihre Schwestern dringend Corona-Schutzmasken benötigen und ihren Stolz bei der Abholung am Bus tapfer runterschlucken. Auch der freundliche Türke, der von sich selbst sagt, er sei „etwas langsam im Kopf“, und der seit seiner Scheidung ohne festen Wohnsitz ist, schaut regelmäßig vorbei – jetzt soll er abgeschoben werden, in ein Land, das er nicht mehr kennt.
Snacks für die Seele: Kekse, Knabberzeug und kleine Geschenke geben Trost. |
Aber nicht allen Besucherinnen und Besuchern des Help-Mobils, das montags und freitags auf dem Linzer Domplatz steht, sieht man ihre Lage an: Das sind oft jene Menschen, die unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie leiden, ihren Job verloren haben und nicht mehr wissen, wie sie ihre Familie versorgen sollen.
Berührbar bleiben
Für sie alle ist das Team der oberösterreichischen Caritas-Mitarbeiterin Michaela Haunold da. „Berührbar bleiben“, so lautet das Motto ihrer Arbeit. „Sich nicht runterziehen lassen, aber offen für andere bleiben. Und: schnell und unbürokratisch helfen.“ Das Help-Mobil ist ihr „Baby“, und Haunold strahlt so viel positive Energie aus, dass es ansteckend ist.
Einfach Helfen: Michaela Haunold, Leiterin der Caritas-Sozialberatungsstellen, hat das Help-Mobil initiiert. Sie koordiniert die Organisationen und die vielen Freiwilligen, die das Projekt erst möglich machen. |
Das bereits ausgemusterte Vorgängermodell, ein umgebautes Rettungsfahrzeug, hätte sie am liebsten selbst behalten, so sehr hängt ihr Herz an dem Projekt. Doch das neue Help-Mobil, mitfinanziert durch eine Crowdfunding-Aktion, spielt dafür „alle Stückln“: Es bietet mehr Platz für die medizinische Versorgung, aber auch für Decken und Schlafsäcke, die im Winter verteilt werden.
Organisiert wird die „Hilfe auf Rädern“ von der Caritas, dem Arbeiter-Samariter-Bund, dem Orden der Barmherzigen Schwestern, dem Hilfsdienst des Lazarus-Ordens und vom Roten Kreuz Linz – und jede Organisation gibt, was sie geben kann: von selbst gebackenen Weckerln bis zu bunten Mund-Nasen-Masken, die von Flüchtlingen genäht werden. Die medizinische Grundversorgung wird mit der Unterstützung ehrenamtlich tätiger Ärztinnen und Ärzte angeboten. Die pensionierte Allgemeinmedizinerin Elisabeth Füreder ist regelmäßig mit an Bord; gerade im Winter, wenn die Kälte noch krankheitsanfälliger macht, ist ihre Arbeit gefragt.
Grundversorgung: Die Allgemeinmedizinerin Elisabeth Füreder ist im Ruhestand. Im Help-Mobil hilft sie ihren Mitmenschen weiterhin. (Ausschnitt) |
„Durch das Leben auf der Straße sind die Menschen häufiger krank. Wohnungslose Menschen haben nur schwer Zugang zu ärztlicher Versorgung – teilweise, weil sie keine Versicherung haben, teilweise aus Angst oder Scham“, erzählt sie. „An erster Stelle stehen die Versorgung von Wunden, das Wechseln von Verbänden und die Ausgabe von warmer Kleidung und Medikamenten – besonders in der Grippezeit.“
Basisarbeit des Guten
Das Help-Mobil ist auch Anlaufstelle und oft einziger sozialer Kontakt für jene Menschen, die keine anderen Obdachlosen-Einrichtungen aufsuchen. Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter bieten Beratungen an, Ehrenamtliche schenken den Menschen Aufmerksamkeit und Zuwendung.
Wendig: Fahrer Harald Danner vom Samariterbund lenkt das Help-Mobil durch Linz. (Ausschnitt) |
Auffallend ist, was alle Beteiligten – die Ärztinnen, den Einsatzleiter, den Zivildiener, den Fahrer und die vielen anderen freiwilligen Helferinnen und Helfer – eint: Sie machen keinen Unterschied, wer da vor ihnen steht, sie bewerten nicht, sie sind einfach nur da, hören zu und helfen. Und sie kennen fast alle Bedürftigen, die regelmäßig zum Help-Mobil kommen, beim Namen. Denn sie versorgen ihre Klientel nicht nur mit Nasentropfen oder heißem Tee, sondern auch mit dem, was jeder Mensch am dringendsten braucht: Ansprache auf Augenhöhe.
Wenn es kalt wird ...
... ist unser Mitgefühl gefragt. Die Caritas Oberösterreich benötigt gerade im Winter dringend Unterstützung.
- Gebraucht werden Schlafsäcke, Isomatten, Kleidung, Hygieneprodukte, Lebensmittel und Geldspenden.
- Mit nur 25 Euro versorgen Sie Menschen in den Obdachloseneinrichtungen und Krisenwohnungen mit einem Hygienepaket.
- Und mit 50 Euro helfen Sie einer obdachlosen Person mit Medikamenten.
Information zu Spenden und Möglichkeiten zur Mithilfe unter:
Hilfe auf Rädern. Eigentlich steht das Help-Mobil direkt auf dem Domplatz. Wegen Corona ist es auf einen Parkplatz in der Baumbachstraße ausgewichen. |
Dieser Beitrag erschien im Magazin "Grüß Gott! – Das Magazin über Gott und die Welt" in der Ausgabe 3 / Herbst 2020. Es wird von der Diözese Linz herausgegeben und erscheint zwei Mal im Jahr.