Ein Auto als Geschenk des Himmels
Seit fast zehn Jahren ist Johann Eidenhammer jetzt schon in Pension. Zu arbeiten hat der KFZ-Mechaniker aber nie aufgehört. Vor seinem Haus in Burgkirchen stehen nicht nur ein oder zwei, sondern gleich sechs Autos, die darauf warten, von ihm repariert zu werden – und die selbst schon sehnlichst erwartet werden. Eidenhammer ist zwar ein großer Autoliebhaber, aber ein noch größerer Menschenfreund. Deswegen legen die gespendeten Fahrzeuge bei ihm nur einen Boxenstopp ein, werden überprüft und repariert, ehe er sie weiterschenkt. An Familien und Personen, die oft wenig haben, dank der Autos aber viel Hoffnung tanken.
„Jedes Auto“, sagt Eidenhammer, „ist eine Chance. Auf einen neuen Job, ein neues Leben. Und für mich die Möglichkeit, etwas vom eigenen Glück weiterzugeben.“ Johann Eidenhammer ist also, wenn man so will, ein echter Glücksbringer.
Johann Eidenhammer (70) ist für viele ein echter "Glücksbringer".
Begonnen hat alles vor 42 Jahren. Damals organisierte er einem Kunden, der kein Pickerl mehr für sein Auto bekommen hatte, einen günstigen Gebrauchtwagen. Der Deal: In drei Raten sollte der Mann ihn abbezahlen, damit es sich finanziell ausgeht. „Aber es hat mir keine Ruhe gelassen“, erzählt er, „also hab ich am Heimweg umgedreht und bin die ganze Strecke zurückgefahren.“ Das Geld, dachte sich Eidenhammer, ließe sich woanders sinnvoller einsetzen: für die zwei kleinen Kinder und die Ehefrau, die schwer erkrankt war. Er hatte es sich anders überlegt – und verschenkte das Auto. Eidenhammer, selbst Vater von zwei Kindern, ist nach all den Jahren noch immer betroffen, wenn er von der Familie erzählt. Oder von den vielen anderen Schicksalen, die ihm seither begegnet sind.
Ein Einzelner kann viel bewirken
31 Autos hat er mittlerweile verschenkt. 31 Geschichten, an die er sich genau erinnert. Er kennt Namen, Orte und weiß, wie nah Glück und Unglück beieinanderliegen. Es sind nicht nur die, mit denen es das Leben bisher nicht gut gemeint hat, die ein Auto bekommen. Manchmal kommen die Autos auch von jemandem, der selbst gerade eine schwere Zeit durchmacht und etwa nach einem Schicksalsschlag plötzlich nicht mehr selbst fahren kann. Umso wichtiger ist, was Eidenhammer macht: einfach helfen.
Bei ihm gibt es keine komplizierten Kriterien, die man erfüllen muss. Auch an die Fahrzeuge stellt er keine großen Anforderungen. Marke, Alter, Kilometerstand – das ist alles egal. Einzig fahrtauglich und für ihre neuen Besitzer im laufenden Betrieb leistbar müssen die Autos sein. Denn oft gehen sie an alleinerziehende Mütter, nicht selten an Familien mit beeinträchtigten Kindern. Da ist das Geld schnell mal knapp. Auch erwachsene Personen mit besonderen Bedürfnissen oder schweren Erkrankungen haben von ihm schon Autos bekommen.
Damit Eidenhammer weiß, wer für ein Fahrzeug infrage kommt, wendet er sich an die RegionalCaritas. Die Mitarbeiter sind dort oberösterreichweit vernetzt und wissen, welche Caritas-Klientinnen und -Klienten dringend ein Auto benötigen. Barbara Lauss-Ditachmair von der RegionalCaritas sagt:
Was Johann Eidenhammer macht, auf eine sehr einfühlsame Art, ist einzigartig. Er schaut hin und nicht weg – das unterscheidet ihn von vielen Menschen.
Deshalb hat Eidenhammer vor 42 Jahren auch kehrtgemacht, um auf seine Bezahlung zu verzichten. Er hat gesehen, dass jemand Hilfe braucht, und erkannt, dass er als Einzelner etwas bewirken kann – die Werkzeuge dazu hatte er als KFZ-Mechaniker bereits in der Hand. Sprichwörtlich und in echt.
Ein kleines bisschen Freiheit
Auch von Alexandra R. hat Eidenhammer über die RegionalCaritas erfahren. Sie wohnt mit ihrer Tochter Lily in einer kleinen Gemeinde in Oberösterreich und ist auf ein Auto angewiesen, weil Lily mehrfach beeinträchtigt ist und einen Rollstuhl braucht. Der Weg zur Therapie wäre ohne Auto unüberwindbar. Medikamente und Sondennahrung gibt es nur in schweren, unhandlichen Kisten. Die lassen sich zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln erst gar nicht transportieren. „Mit einem beeinträchtigten Kind ist man sowieso schon sehr verhaftet an einem Ort, da bedeutet ein Auto ein kleines bisschen Freiheit und vor allem Flexibilität“, so Alexandra R.
Mit ihrem bisherigen Gefährt, einem Golf, ist sie längst an die Kapazitätsgrenzen gestoßen. Dann gab es auch kein Pickerl mehr, und eine Reparatur hätte sich nicht ausgezahlt. Also hat die Caritas sie an Johann Eidenhammer vermittelt, und der besorgte ihr das passende Auto – einen Sharan, in dem genügend Platz für Einkäufe, den Rollstuhl, sie selbst und ihre zwölfjährige Tochter ist.
Wie neu. Am Sharan für Alexandra R. hat Eidenhammer eine Woche gearbeitet. Das Ergebnis: ein Auto in Top-Zustand.
Zuerst konnte Alexandra R. das kaum glauben: „Johann Eidenhammer meinte nur, ich soll mir keine Sorgen machen. Er kümmere sich um alles.“ Alles, das heißt bei Eidenhammer: auch Warnweste, Eiskratzer, Verbandszeug. Wenn er ein Auto übergibt, kommt es stets mit Instruktionen und Ersatzteilen, die er – wie die Reparatur selbst – aus eigener Tasche bezahlt. Manchmal spenden auch Privatpersonen kleinere Beträge, oder er bekommt Spenden von Benefizveranstaltungen. Sonst übernimmt er die Kosten gemeinsam mit seiner Frau Christine, die ebenfalls hilft, wo sie nur kann.
„Um das zu machen, muss man zufrieden sein mit dem, was man hat“, sagt Eidenhammer. Eine Karibikkreuzfahrt liegt dann nämlich nicht nur geografisch in weiter Ferne. Sie finden beide aber, dass sie mehr davon haben, wenn sie anderen eine Freude machen. Statt unter Palmen verbringt Eidenhammer seine Zeit dann unter Autos. Bei dem 14 Jahre alten Sharan für Alexandra R. hat er den Zahnriemen und die Gelenkmanschette repariert, die Batterien getauscht, den Unterbodenschutz erneuert, ein Service gemacht und dafür ungefähr eine Woche gebraucht. Jetzt läuft der Wagen wieder einwandfrei. Geputzt und poliert schaut er außerdem wie neu aus. Auf die Übergabe des Autos hat er sich fast so sehr gefreut wie die neue Besitzerin.
Man schaut aufeinander
Für seine Arbeit bekommt Eidenhammer auch Unterstützung von seiner alten Firma, dem Autohaus Reibersdorfer, wo er 45 Jahre lang als Mechaniker gearbeitet hat. Braucht er etwas aus der Werkstatt – und das tut er eigentlich immer, wenn er die Autos zum ersten Mal überprüft –, stehen ihm dort alle Tore offen und Geräte zur Verfügung.
Voller Service. In seiner alten Firma, wo Johann Eidenhammer vor der Pension 45 Jahre lang als KFZ-Mechaniker gearbeitet hat, überprüft er die gespendeten Autpos. Die Werkzeuge liegen hier stets für ihn bereit.
Er arbeitet zudem mit dem Lions Club zusammen, der etwa die Anmeldekosten übernimmt. Der ÖAMTC kommt Eidenhammer ebenfalls immer wieder entgegen. Und auch sein Nachbar – der hat ihm seine Garage als Abstellplatz für die gespendeten Autos überlassen. Alleine, sagt er, könne er gar nicht in diesem Ausmaß helfen.
Ich setze ja nur ein, was ich mir angeeignet habe
„Ich setze ja nur ein, was ich mir angeeignet habe“, sagt Eidenhammer. „Ich mache das einfach gerne, an Autos basteln und herumtüfteln. Zeit habe ich auch, und so bleibe ich geistig auf Trab.“ In der Pension, fügt er hinzu, hätte er sonst auch den Kontakt zu den Leuten vermisst.
Wie wichtig es ist, dass man aufeinander schaut, hat er schon als Kind bei seiner Mutter gesehen. Früher, als Hausglocken noch rar waren, gab es die sogenannten Bettelfenster. Dort wartete für bedürftige Mitmenschen eine warme Mahlzeit – zumindest bei Mama Eidenhammer war das stets der Fall. Sie hatte immer etwas übrig für die, die sonst nichts hatten. „Am Land war das früher einfach so.“ Dank Johann Eidenhammer ist es heute nicht anders.
Einfach helfen:
RegionalCaritas, Fachstelle Freiwilligenarbeit
Kapuzinerstraße 84, 4020 Linz
Telefon: 0732/76 10-2993
freiwillig@caritas-linz.at
Tätigkeitsfelder und Ansprechpersonen in der Region sowie Informationen zum Thema Freiwilligenarbeit:
https://www.caritas-linz.at/spenden-helfen/freiwilliges-engagement/
Dieser Beitrag erschien im Magazin "Grüß Gott! - Das Magazin über Gott und die Welt" in der Ausgabe 1 / Herbst 2019. Den Text verfasste Sabrina Luttenberger, die Fotos sind von Rapahel Gabauer.